"Digitale Events helfen auch dem Wachstum von Präsenzveranstaltungen"

GCB FutureTalks #11 mit Sherrif Karamat, CEO von PCMA

14.05.2020

Matthias Schultze sprach mit Sherrif Karamat, CEO von PCMA, über die aktuellen Herausforderungen und die Zukunft der Business Event-Branche. Sherrif Karamat ist überzeugt, dass Destinationen und Event-Planer*innen ihre Reichweite nur dann vergrößern können, wenn sie sich auf verschiedene Veranstaltungskanäle einlassen.

Matthias Schultze: Was bedeutet die gegenwärtige Situation - die weltweite Ausbreitung des Coronavirus - für PCMA?

Sherrif Karamat: Natürlich handelt es sich bei der COVID-19-Pandemie in erster Linie um eine Krise des Gesundheitswesens. Nichtsdestotrotz sehen wir aber auch eine globale humanitäre Krise, die signifikante wirtschaftliche Auswirkungen mit sich bringt. Deshalb ist auch PCMA, wie zahlreiche andere Organisationen, von der aktuellen Krise tiefgreifend betroffen. Obwohl wir weltweit agieren, bin ich stolz darauf, dass wir immer eine sehr eng verbundene Gemeinschaft geblieben sind.

Als solche hat die Krise uns und unsere Mitglieder aber natürlich auch auf verschiedenen Ebenen getroffen. Unser gesamtes Team arbeitet zurzeit mobil und diese Umstellung hat natürlich auch emotionale Auswirkungen gehabt. Wir mussten bislang zwei Veranstaltungen verschieben, wobei es dabei sicher nicht bleiben wird. Da der Großteil unserer gewöhnlichen Einnahmequellen durch die Krise beeinträchtigt wurde, mussten wir zudem Kosten reduzieren. Dies wirkte sich leider auch unmittelbar auf unsere Mitarbeiter*innen aus. Nicht zuletzt deshalb mussten wir äußerst flexibel sein und unseren Mitgliedern sowohl dringend benötigte Dienstleistungen und Ressourcen als auch flexible Mitgliedschaftsoptionen anbieten.

Wenngleich diese Krise eine Herausforderung für unsere traditionellen Einnahmequellen darstellt, erfreuen sich unsere digitalen Produkte – Digital Experience Institute (DEI)/Digital Event Strategist (DES) und unsere Online-Kurse – doch großer Nachfrage und viele weitere Produkte konnten wesentlich schneller auf den Markt gebracht werden. Der schwierigste Aspekt der Unternehmensführung während einer solcher Krise besteht darin, geschätzte Mitarbeiter*innen entlassen zu müssen und gleichzeitig neue Mitarbeiter*innen mit anderen Fähigkeiten einzustellen, um den Bedürfnissen unserer Mitglieder und Stakeholder auf der ganzen Welt gerecht zu werden.

Matthias Schultze: Hashtag "KeepYourDistance" - wie sieht Dein aktueller Arbeitstag aus?

Sherrif Karamat: Vor etwas mehr als zwei Jahren beauftragte ich unser Technologie-Team damit, unsere gesamten operativen Prozesse in die Cloud zu verlagern. Daher war die Umstellung auf mobiles Arbeiten keine große technische Herausforderung. Die menschliche Ebene spielte allerdings eine größere Rolle. Genau wie unsere Branche ist nämlich auch unser Team äußerst eng miteinander verbunden. Daher war es schwierig, dass wir uns auf einmal nur noch online sehen konnten.

Andererseits, und das mag etwas ironisch klingen, glaube ich tatsächlich, dass ich aktuell mehr von unserem Team und unseren Mitgliedern sehe als je zuvor! Trotzdem bekomme ich aber auch vermehrt mit, dass die ständige Erreichbarkeit auf den verschiedenen Plattformen für unser Team anstrengend sein kann und diese Einschätzung teile ich. Wie viele meiner Kolleg*innen stelle ich aktuell fest, dass meine Arbeitstage durch die unzähligen Online-Meetings und Arbeitsgruppen wesentlich länger geworden sind. Vielleicht liegt es nur an mir, aber die Woche fühlt sich an wie ein einziger langer Tag, die Wochenenden scheinen zu verschwimmen.

Matthias Schultze: Mit welchen Ideen und Herangehensweisen an das Thema Veranstaltungen reagiert Ihr auf die aktuelle Krise?

Sherrif Karamat: Die erste Frage, die ich unserer Geschäftsführung, unserem Team und mir selbst stellte war einfach: Hat sich unser Kernziel, unser Purpose, durch die Pandemie verändert? Die Antwort lautet eindeutig ‚Nein‘. Unser Ziel ist es, den globalen wirtschaftlichen und sozialen Wandel mittels Business Events voranzutreiben. Dies geschieht unter anderem durch Wissensaustausch, die Entwicklung neuer Fähigkeiten, gesellschaftliches Engagement oder die Schaffung von Handelsmöglichkeiten. Zurzeit untersuchen wir, wie diese Kernziele in einer solch schwierigen Zeit erfüllt werden können.

Während der Krise tun wir das in erster Linie durch unsere Online-Plattformen und digitalen Veranstaltungen. Vor zehn Jahren haben wir PCMA mit einem Unternehmen aus dem digitalen Veranstaltungs-Bereich verstärkt. Heute ist DEI die führende Organisation im Bereich der Aus- und Weiterbildung für digitale Veranstaltungen und bietet die Digital Events Strategist-Zertifizierung an. Es ist nicht abzustreiten, dass die Krise tiefgreifende Auswirkungen auf unser Geschäft hat. Sie hat es uns aber auch ermöglicht, jeden Aspekt unseres Geschäfts neu zu bewerten, Innovationen einzuführen, uns neue Fähigkeiten zu erarbeiten und auf neue Talente zu setzen, um uns letztlich auf eine andere Zukunft vorzubereiten.

Matthias Schultze: Was ist Deiner Meinung nach in den kommenden Wochen und Monaten wichtig für die Welt der Business Events?

Sherrif Karamat: Der Reiseverkehr wurde im Zuge der Pandemie stark heruntergefahren. Ich gehe davon aus, dass jegliche Art von Reisen, folglich auch Geschäftsreisen, in den kommenden Monaten weiterhin betroffen sein werden. Zunächst muss sich die Branche das Vertrauen der Reisenden zurückerobern, dass sie während der Reise sicher sein werden – ein suggeriertes Sicherheitsgefühl reicht hier nicht aus. In diesem Zusammenhang gefiel mir auch Delta Airlines‘ Ausdruck der operational transparency sehr gut. Das Unternehmen versprach seinen Stakeholdern, Gesundheits- und Sicherheitsvorkehrungen besonders transparent zu behandeln.

Zudem werden wir auch das Schlagwort „Staycation“ öfter hören. Dies öffnet Türen für kreative lokale Unternehmen, die ‚ihren‘ Bürger*innen bislang unbekannte lokale Erlebnisse aufzeigen können. Da es noch einige Zeit brauchen wird, bis der internationale Reiseverkehr wieder anlaufen wird, sollten auch Destination Marketing Organizations (DMOs) stärker mit den lokalen Unternehmen zusammenarbeiten. Das bietet den DMOs die Möglichkeit, ihre Rolle als wichtige wirtschaftliche und soziale Triebkraft neu zu definieren.

Matthias Schultze: Wie wirkt sich die derzeitige Ausnahmesituation langfristig auf Veranstaltungen und Veranstaltungsformate aus?

Sherrif Karamat: Wenngleich wir uns noch am Anfang dieser Pandemie befinden und den Verlust vieler Menschenleben beklagen müssen, bin ich überzeugt davon, dass die aktuelle Lage auch viele Chancen für die Zukunft bereithält. In der Vergangenheit haben sich viele Event-Planer*innen vor allem auf Präsenzveranstaltungen fokussiert. Meiner Ansicht nach müssen die Teilnehmer*innen und das Veranstaltungsziel zukünftig wesentlich stärker in den Fokus gerückt werden. Deshalb sollten sich Planer*innen auch stärker innovativen Konzepten widmen und sich darauf vorbereiten, Veranstaltungen über verschiedene Kanäle anbieten zu können. Dazu zählen Präsenz- und Onlineveranstaltungen ebenso wie Print und soziale Formate.

Natürlich wird das zunächst eine Herausforderung sein, aber letztlich präsentiert sich den Planer*innen eine unglaubliche Möglichkeit, ihre Reichweite signifikant auszubauen. Stell‘ Dir beispielsweise einen Fußballverein mit einem Stadion für 80.000 Fans vor – es wäre für die Vereinseigentümer unglaublich einschränkend, wenn das Publikum auf diese Zahl limitiert wäre. Mithilfe von Live-Übertragung, Kommentatoren, der Sofortwiederholung, AI/AR/VR-Kameraleuten und anderen Formaten könnte derselbe Fußballverein hingegen vielleicht 800 Millionen Fans auf der ganzen Welt online erreichen.

Natürlich benötigt eine solche Angebotserweiterung entsprechende Expertise, aber letztlich eröffnet sie neue, zusätzliche Einnahmequellen. Warum also sollte dies nicht auch für Business Events gelten? Wir müssen innovatives Denken in unserer Branche fördern, denn letztlich helfen digitale Veranstaltungen auch dem Wachstum von Präsenzveranstaltungen, und nicht umgekehrt – was digitalisiert werden kann, wird digitalisiert werden und diesem Fortschritt kann sich niemand entziehen.

Wer sich diesem Fortschritt verwehren möchte, verpasst eine einmalige Gelegenheit. Am Ende entscheiden die Kund*innen, welche Kanäle sie auf ihren Veranstaltungen bedient sehen möchten. Wir müssen uns darüber im Klaren sein, dass die Digitalisierung eine großartige Möglichkeit für Destinationen und Event-Planer*innen bietet, ihre Marken über die digitalen und sozialen Kanäle zu stärken und gleichzeitig die Nachfrage für ihre Präsenzveranstaltungen zu steigern.

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