"Wir brauchen ein extremeres Denken"

Interview mit Jan-Wolf Baake, Leiter Vertrieb Geschäftskunden bei DB Vertrieb GmbH

27.01.2023

Auch die Veranstaltungswirtschaft muss ihren Beitrag zum Klimaschutz leisten. Über die Frage, wie genau dieser aussehen kann, wird am 14. Februar auf dem SECON-Panel „Gemeinsam Richtung Netto-Null-Emissionen“ diskutiert. Zu den Teilnehmer*innen gehört auch Jan-Wolf Baake, Leiter Vertrieb Geschäftskunden bei DB Vertrieb GmbH, der erläutern wird, mit welchen Maßnahmen die Deutsche Bahn zur Erreichung der Ziele des Pariser Klimaabkommens beitragen will. Was ihn persönlich motiviert, sich für die Umwelt einzusetzen? Das verrät er uns im Interview.

Der Begriff „Netto-Null-Emission“ taucht bei Klimadiskussionen immer wieder auf. Könnten Sie in Ihren Worten beschreiben, was er bedeutet?

Die Menschen nutzen die Natur und wollen mit ihr in Einklang leben. Das heißt, alles, was wir der Natur wegnehmen, sollten wir auch wieder zurückgeben. Und was wir zu viel nehmen, müssen wir an anderer Stelle wieder einsparen. Bezogen auf den Klimaschutz bedeutet das: Der CO2-Ausstoß muss reduziert werden.

Bei „Netto-Null“ denken viele Menschen automatisch an Verzicht…

Vor dem Verzicht steht ja, dass man sich kritisch mit seinem eigenen Energieverbrauch auseinandersetzt. Jeder Mensch sollte sich fragen, was für Alternativen und Möglichkeiten es gibt, um so wenig wie möglich CO2 zu emittieren. Ich glaube, wir brauchen ein noch viel extremeres Denken, darum sind Begriffe wie „Netto-Null“ oder „Net Zero“ auch so wichtig. Wir müssen innovativer und auch gemeinschaftlicher denken, dann fällt Verzicht auch nicht so schwer.         

Jan-Wolf Baake, Leiter Vertrieb Geschäftskunden bei DB Vertrieb GmbH

Aber wieviel Macht liegt überhaupt in der Hand des Einzelnen?

Ohne die Verhaltensänderung des Einzelnen werden wir nichts erreichen. Aber es braucht auch gesetzliche Regelungen, die ganz klare Richtlinien setzen. Am wichtigsten jedoch ist das gemeinsame Miteinander. Man sollte sich anschauen, was es bereits an innovativen Lösungen gibt, um am Ende gemeinschaftlich den besten Weg zu entwickeln.  

Haben Sie Beispiele dafür, wo ein branchenübergreifendes Zusammenspiel besonders gut funktioniert?

Spontan fällt mir die Science Based Targets initiative (SBTi) ein. Die SBTi validiert die Klimaschutzziele von Unternehmen und bestätigt, dass diese wissenschaftlich dem 1,5-Grad-Pfad entsprechen.  Oder die UN-Initiative „Race to Zero“, in der sich Großkonzerne dem 1,5-Grad-Pfad verpflichtet haben. Ein anderes Beispiel: Bei der DB haben wir die Climate Mobility Challenge ins Leben gerufen, mit der wir Lösungen zu nachhaltiger Mitarbeitenden-Mobilität von Unternehmen suchen. Dabei stellen wir im Rahmen einer Challenge diejenigen Unternehmen vor, die schon weiter sind im Bereich Nachhaltigkeit und andere zum Nachahmen anregen.  

Wie steht es um die Offenheit von Unternehmen, gemeinsame Netzwerke aufzubauen?

Die meisten Unternehmen erkennen die Notwendigkeit, dass etwas passieren muss. Die Bereitschaft ist da, am Ende fehlt es manchmal ein bisschen an Umsetzungsgeschwindigkeit. Wir versuchen mit verschiedenen Initiativen wie driversity oder auch der Climate Mobility Challenge die Experten und Expertinnen, die bereits tief in die Thematik eingetaucht sind, mit Menschen zusammen zu bringen, die vielleicht gerade am Anfang stehen. Auf der anderen Seite sehen wir natürlich, dass die Unternehmen ja auch noch ihren normalen Alltag haben. Wirtschaftliche Prozesse mit Nachhaltigkeitszielen in Einklang zu bringen, das ist derzeit eine Herausforderung, an der wir intensiv arbeiten müssen.

Was kann die DB zum Ziel Netto-Null beitragen?

Mobilität ist einer der wichtigen großen Hebel im Kampf gegen den Klimawandel. Hier bieten wir gute Lösungen für unsere Kunden. Die Bahn ist heute das klimafreundlichste Verkehrsmittel: Wir fahren rund 90 Prozent unserer Verkehrsleistung im Personen- und Güterverkehr elektrisch und überwiegend mit grünem Strom. In unserem Fernverkehr sind Reisende innerhalb Deutschlands bereits seit 2018 mit 100 Prozent Ökostrom unterwegs. Und weil gerade bei Veranstaltungen viele Menschen an- und abreisen, bieten wir hierfür gute Lösungen an, wie zum Beispiel das Veranstaltungsticket. Mit der BahnCard 100 haben wir zudem ein Topprodukt, das auch große Teile der Alltagsmobilität mit abdeckt. Dazu haben wir ein Mobilitätsbudget entwickelt, das hilft, schneller und einfacher an Tickets zu kommen. Der andere Punkt sind unsere Netzwerke, in denen wir versuchen, unser Wissen zu teilen und mit anderen Unternehmen gemeinsam weiter zu entwickeln. 

Auf welche Veränderungen sind Sie besonders stolz? Und wo gibt es noch dringenden Verbesserungsbedarf?

Für mich war der Fortschritt, dass wir in unserem Geschäftskundenprogramm bahn.business die 100 Prozent Ökostrom eingeführt haben – und zwar ohne zusätzliche Kosten für die Kund:innen. Das war schon ein großer und mutiger Schritt, weil dahinter ja zusätzliche Aufwendungen stecken. Insgesamt werden wir als DB bis 2040 klimaneutral und treiben mit der sogenannten Grünen Transformation die Vergrünung unsere gesamten Produkte und Dienstleistungen sowie die Art, wie wir arbeiten, voran. Natürlich gibt es in verschiedenen Handlungsbereichen noch Luft nach oben, jedoch gehen wir auch diese Themenbereiche mit Hochdruck an.

Können Sie ein Beispiel nennen?

Beim Thema Ressourcenschutz beispielsweise sind wir mit einer Recyclingquote von über 95 % schon auf einem guten Weg, müssen aber auf der Input-Seite in den nächsten Jahren konsequent mehr auf den Schutz wertvoller Ressourcen wie Stahl und Beton setzen. Dafür haben wir uns bis zum Jahr 2030 ehrgeizige Ziele gesetzt. So soll der Recycling-Anteil beim Schienenstahl auf 45 Prozent nahezu verdoppelt werden. Beim Gleisschotter wird sogar eine Verdreifachung auf rund 40 Prozent angestrebt. Insgesamt will die DB mit dem vermehrten Einsatz von Recycling-Materialien mindestens 300.000 Tonnen CO2 und rund zehn Millionen Tonnen neues Material einsparen. Bis zum Jahr 2040 soll dann eine vollständige Kreislaufwirtschaft aufgebaut sein.

Was motiviert Sie persönlich, weiter am Ziel Netto-Null zu arbeiten?

Zum einen bin ich Familienvater und möchte, dass meine Kinder in einer sicheren und gesunden Umwelt groß werden. Die Meldungen über weltweite Klimakatastrophen reißen ja nicht ab, das müssen wir als Warnzeichen begreifen. Für mich ist das Motivation genug, um Veränderungen anzustoßen. Auf der anderen Seite habe ich natürlich einen Arbeitgeber, für den ich mit Herzblut arbeite, weil er eben viel in Sachen Klimaschutz leisten kann. Auch wenn die Bahn oft gescholten wird, darf man nicht vergessen: Sie bringt viele Menschen mit hoher Geschwindigkeit am klimafreundlichsten an ihr Ziel.

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