Die optimale Nachhaltigkeitskommunikation der Zukunft

gme-Talk mit Prof. Dr. Riccardo Wagner

26.01.2022

Wie können Unternehmen eine optimale Corporate Social Responsibility-Kommunikationsstrategie (CSR) entwickeln – und das sympathisch, authentisch und resilient zugleich?

Mit dieser Frage eröffnete Professor Dr. Riccardo Wagner seinen Vortrag bei den digitalen greenmeetings und events Tagen 2021. Wir haben nachgehakt und ihn in unserem Interview gefragt, was er für notwendig hält, um eine gute Nachhaltigkeitskommunikation zu etablieren.

GCB: Nachhaltigkeit ist aus der öffentlichen Debatte nicht mehr wegzudenken. Worauf müssen sich Unternehmen Ihrer Einschätzung nach zukünftig einstellen? 

Riccardo Wagner: Schon seit einiger Zeit ist erkennbar, dass die gesellschaftliche Spaltung und Polarisation stetig zunehmen. Die jeweiligen Lager driften eher auseinander, als dass sie zueinander finden. Ziviler Ungehorsam verbreitet sich und macht den Weg für polarisierende Bewegungen frei. Unternehmen sollten darauf gefasst sein, dass sich solche Bewegungen in Zukunft auch an sie richten können. Klar ist: Die Spaltung wird zukünftig einen enormen Einfluss auf Stakeholder- und Nachhaltigkeitskommunikation haben. 

Was wird an CSR-Kommunikation am meisten unterschätzt? 

Viele Unternehmen unterschätzen die Dimension der notwendigen sozialen und ökologischen Transformation, wodurch CSR-Kommunikation oft nicht den richtigen Rahmen bekommt. Der Grund: Der Umfang möglicher Veränderungen ist meistens zu gering. CSR wird als extrinsische Kraft wahrgenommen und eher im Sinne von Business-as-usual mit so wenig Aufwand und Veränderung wie möglich behandelt. Das führt dazu, dass CSR nicht im Kern des Unternehmens verankert wird und widersprüchliche Signale an Kund*innen und Mitarbeiter*innen gesendet werden.

Prof. Dr. Riccardo Wagner

  • Wagner Kommunikation

Riccardo Wagner ist Leiter der Media School und Professor für Marketing und Unternehmenskommunikation an der Fresenius Hochschule in Köln. Er blickt auf mehr zwanzig Jahre praktische Erfahrung als Journalist, PR-und Unternehmensberater sowie Kommunikations- und Marketingverantwortlicher zurück und befasst sich seit 15 Jahre im Schwerpunkt mit Fragen der unternehmerischen Nachhaltigkeit. Riccardo Wagner ist Herausgeber mehrerer Bücher zum Thema CSR und Leiter des Arbeitskreises CSR-Kommunikation der Deutschen Public Relations Gesellschaft und des Deutschen Netzwerks Wirtschaftsethik, das auch Veranstalter des Deutschen CSR-Kommunikationskongresses ist. Wagner promovierte im Kommunikationswissenschaften zum Thema Storytelling und Sensemaking in der Interne CSR-Kommunikation.

Was ist ein No-Go in der Nachhaltigkeitskommunikation? 

Nachhaltigkeit ist kein Alleinstellungsmerkmal mehr – und war es wahrscheinlich nie. Häufig soll eine Marke durch Nachhaltigkeit einzigartig werden, doch das funktioniert so einfach nicht bzw. nicht mehr. Zum einen, weil mit den immer gleichen Darstellungen, Stockfotos und Inhalten wird den Verbraucher*innen das Gefühl gegeben, dass alle das Gleiche behaupten und dadurch unglaubwürdig erscheinen. Zum anderen ist Nachhaltigkeit auch in der Regel nicht der Magic Button, der alle Verbraucher zu Fans macht. Nachhaltigkeit oder bspw. konkreter Dinge wie Klimaneutralität werden zum Hygienefaktor und einem Argument unter vielen, bspw. Preis, Service etc., die Verbraucher für eine Marke begeistern. Das heißt keineswegs, dass in dem Thema kein Potenzial steckt – aber es ist eben deutlich komplexer als viele im Moment glauben und hoffen. 

Welche Aspekte sollten Unternehmen für eine optimale CSR-Kommunikationsstrategie berücksichtigen?   

Unternehmen müssen das Steuer in die Hand nehmen, d.h. auch ernsthaft hinterfragen, wie der eigene Impact für eine ökosoziale Transformation aussieht und wie weit die Bereitschaft zu einem Wandel im Unternehmen vorhanden ist. Nur auf dieser Basis lassen sich belastbare und vertrauensvolle Beziehungen zu allen Stakeholdern aufbauen. 
Grundsätzlich ist eine Herausforderung, dass Nachhaltigkeitskommunikation im Vergleich zur klassischen PR-Arbeit deutlich anspruchsvoller ist, da sie in ihren Anforderungen deutlich darüber hinausgeht.  Nachhaltigkeitskommunikation muss wie die klassischen PR verständlich, wahrhaftig, regelmäßig und dialogisch sein – darüber hinaus erwarten wir jedoch, vor allem wenn wir in Richtung Reporting schauen, eine Kommunikation, die transparenter, vergleichbarer, vollständiger und beweisbarer ist. 

Wie lassen sich Mitarbeiter*innen motivieren, damit sich jede*r für CSR verantwortlich fühlt? 

Passivität ist häufig die Standardposition der Mitarbeiter*innen – die Notwendigkeit für CSR ist allen bewusst, trotzdem wollen die meisten, durchaus auch aus kommunikativen Gründen, nicht involviert sein. Doch genau dabei können CSR-Argumente helfen, denn die Menschen wollen sich für Gutes engagieren. Sie wollen etwas unterstützen, was das Wohl aller Menschen fördert und frei von egoistischen Motiven ist. Von diesen Argumenten lassen sich auch Mitarbeiter*innen überzeugen. 

In diesem Zusammenhang ist aber auch die Kohärenz des eigenen Managements und der Kommunikation wichtig – dazu gehören drei Komponenten: Verständlichkeit, Handhabbarkeit und Sinnhaftigkeit. Wurde das Problem richtig verstanden? Kann danach gehandelt werden? Was bedeutet es, wenn man sich dafür engagiert? Nur wenn alle drei Faktoren gegeben sind, entsteht Kohärenz und ohne Kohärenz gibt es keine Veränderung. 

Unternehmen bekommen immer wieder Greenwashing vorgeworfen, was können sie dagegen tun? 

Natürlich darf man nicht Dinge behaupten, die man nicht getan hat oder Dinge versprechen, die man nicht vorhat zu tun. Aber viele Unternehmen lassen sich zu Unrecht von der Angst Greenwashing zu betreibe bremsen. Wer Nachhaltigkeit fundiert und kohärent betreibt, braucht die Angst nicht zu haben und sollte sich nicht irritieren lassen, sondern einfach entspannen, weitermachen und an den Impact denken. In der Wissenschaft wird das Phänomen Greenwashing deutlich differenzierter gesehen: Als Co-Konstruktion beinhaltet es sehr individuelle Zuschreibungen wie Erfahrungen, Meinungen, Wünsche, etc. Hier wird es immer der Fall sein, dass Ihre Maßnahmen irgendwem nicht weit genug gehen etc. Man darf nie vergessen, dass CSR-Kommunikation ein Prozess ist – wer im Fahrersitz sitzt und auf den Impact seiner Maßnahmen achtet, der braucht keinen Shitstorm zu befürchten. 

Geben Sie uns einen Ausblick, welche Themen in der Zukunft immer mehr Bedeutung für die Nachhaltigkeitskommunikation bekommen werden? 

Die Zeit der textbasierten Kommunikation ist bei vielen Zielgruppen vorbei. Heute sind Bilder, Grafiken, Animation, Videos, Podcasts u.v.m. gefragt – kurz gesagt: Die Bedeutung der digitalen Welt und von Social Media wird immer wichtiger. Diese Entwicklung kommt dem Transparenz- und Dialoganspruch von CSR-Kommunikation entgegen. Wer sich an diesen Tipps orientiert, wird mit seiner Nachhaltigkeitskommunikation definitiv einen Schritt in die richtige Richtung gehen und sich im Prozess stetig weiterentwickeln.  

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